Brainstorming

Die Idee des Brainstorming entwickelte der Psychologe Alex Osborn, der durch diese Methode Blockaden des Kreativen Denkens aufheben wollte. Osborne ging wie viele andere Intelligenz- und Kreativitätsforscher davon aus, das jeder Mensch über ein kreatives Potential verfügt, das er aber aufgrund hemmender kultureller, schulischer oder familiärer Einflüsse nur gebrochen entfalten kann. Die Aufgabe von Kreativitätstrainings liege deshalb weniger darin, kreative Fähigkeiten direkt zu entfalten oder zu fördern, sondern vielmehr darin, die Blockaden abzubauen, die kreatives Denken und Handeln verhindern.

Da in der Erziehung mehr Wert auf die Beurteilung von Ideen als auf ihre kreative Produktion an sich gelegt werde, wollte Osborn im Brainstorming eine soziale Atmosphäre schaffen, die dem kreativen Schaffensprozess keinerlei Schranken auflegt, sondern ihn nach Kräften unterstützt. Die beiden Grundregeln des Brainstorming lauten deshalb: Es darf in der Gruppe keine Kritik geäußert werden, solange nicht alle Mitglieder ihre Gedanken und Ideen formuliert oder produziert haben. Und: Es gilt so viele Ideen wie möglich zu produzieren.

In der Praxis treffen sich Gruppen von etwa sieben Teilnehmern, um eine viertel oder halbe Stunde lang alles zu äußern, was ihnen zu einem Problem einfällt. Quantität hat dabei Vorrang vor Qualität. Vernunft und Logik spielen keine Rolle, Kritik jeder Art ist verboten. Ein Protokollführer notiert alle Ideen an einer Tafel, bewertet wird erst am Ende.

Ganz nach dem chinesischen Sprichwort "Der beste Weg, viele Fische zu fangen, ist, viele Angeln auszulegen" kommt es im Brainstorming darauf an möglichst viele Ideen zu produzieren. Jeder Vorschlag, ob fundiert oder völlig abenteuerlich, wie der Wirtschaftswissenschaftler Gilbert Probst meint, besitzt einen gewissen Wert, auch wenn er nicht zur endgültigen Lösungsfindung aufgegriffen wird.

Auch wenn das Brainstorming einen guten bis sehr guten Ruf hat, bleibt es wissenschaftlich umstritten. So urteilte der renommierte amerikanische Kreativitätsforscher Robert Weisberg trocken, dass der objektive Erfolg – abgesehen von der subjektiven Zufriedenheit der Teilnehmer und vom finanziellen Gewinn der Anbieter – mehr als bescheiden ausfalle und in vielen Fällen gar nicht vorhanden sei. Der angesehene deutsche Kreativitätsforscher Franz E. Weinert kommentierte ebenfalls, dass der weltweite Erfolg dieser Methode zwar unbestreitbar sei, da sie in vielen Verwaltungen, in großen Firmen und auch in einigen wissenschaftlichen Instituten verwendet werde. Auch würden die Teilnehmer über positive Erfahrungen berichten und glauben in der Brainstorming-Gruppe besonders kreative Leistungen erzielt zu haben. Dieser persönliche Eindruck halte allerdings einer kritischen wissenschaftlichen Überprüfung nicht stand: Wie die Forschung zeigt, ist die Gruppenleistung im allgemeinen nicht besser als die Leistung des besten Teilnehmers. Außerdem führt gleichzeitige Produktion und Beurteilung von Ideen nachweislich zu ähnlichen Ergebnissen wie die Verschiebung der Beurteilung auf den Zeitpunkt, an dem alle Ideen geäußert sind.

Das Brainstorming bleibt allerdings unter gruppendynamischen Vorzeichen sinnvoll. So können möglichst viele Mitarbeiter in einen Problemlösungsprozess einbezogen und fruchtbare Ideen in einer Gruppe informell verbreitet werden. Es kommt hinzu, dass das Brainstorming in aller Regel die Gruppenatmosphäre verbessert, wodurch sich die Bereitschaft zur unkonventionellen Ideenproduktion erhöht und das individuelle Selbstbewusstsein steigt.

Alles in allem: Im Brainstorming werden zwar mehr Ideen produziert als unter normalen Bedingungen, aber keine besseren. Dieses Resümee ist wiederum ernüchternd, weil es die Illusion zerstört, jeder könne herausragende kreative Leistungen erzielen, wenn man ihm nur die nötige Förderung, Unterstützung und Freiheit gewähren würde.